Off topic - Wohin geht Europa in Sachen Digitalisierung fragt Typo Art

Off-Topic: Digitalisierung jetzt! Wo steht Europa?

Digitalisierung und künstliche Intelligenz – Wo steht Europa und was bedeuten die Begriffe eigentlich? Vor Jahrzehnten entsprach die Digitalisierung noch der Art, dass man eine analoge Vorlage auf einen Scanner legte und mit Hilfe von Soft- und Hardware diese entsprechend in Bits umwandelte. Für die grafische Industrie damals ein Quantensprung. Wenige Unternehmen nutzen frühzeitig diese neue Technologie und bauten darauf ihr verändertes Geschäftsmodell.

Heute, im Jahre 2020 steht das Wort Digitalisierung aber für etwas grundlegend anderes. Es steht für die Vernetzung und Bereitstellung von Informationen und Daten in einem vollkommen neuen Ökosystem. Das Hauptwort lautet: „künstliche Intelligenz (AI)„.
Die Corona-Krise hat gezeigt, dass Deutschland nicht unbedingt das Schlusslicht bei diesem Thema ist. Aber ganz vorne sind wir auch nicht. Insbesondere im Bildungsbereich sind starke Defizite in der Bereitstellung von digitalen Mitteln zu verzeichnen. Jeder hatte davon schon vor Corona gewußt. Aber keiner hat es ändern wollen oder können. Anträge der staatlichen Corona-Hilfe wurden zwar digital in Form eines PDF-Dokuments zur Verfügung gestellt, mussten aber ausgedruckt, handschriftlich ausgefüllt und dann wieder eingescannt werden. Videokonferenzen wurden mit eiligst teuer eingekaufter Software realisiert, um zu erkennen, dass die eigene Bandbreite teilweise nicht reichte. Bei führenden Industriezweigen merkt man plötzlich, dass man bestimmte Technologien entweder verschlafen oder wegen wirtschaftlicher Desinteresse nach hinten verschoben hat. Noch vor 10 Jahren wäre es undenkbar gewesen, dass ein kleiner Autobauer aus Palo Alto die gesamte europäische Autoindustrie vor sich herschiebt. Undenkbar, dass ein Suchmaschinen-Unternehmen aus den USA faktisch den Internetmarkt beherrscht und Schritt für Schritt den Alltag der Menschen begleitet.

Sind uns Länder, wie USA und China wirklich so weit voraus und wenn ja, warum?

Grund genug, sich mal mit diesem Thema näher zu befassen. Wo steht Deutschland und im allgemeinen Europa bei der künstlichen Intelligenz im Gegensatz zum Rest der Welt? Thorbjørn Jagland, Generalsekretär des Europarates sagte 2019 auf einer Konferenz: „Man weiss, dass KI die Lebensweise revolutionieren wird. In den Bereichen Medizin, Kommunikation und Verkehr gibt es unendlich neue Möglichkeiten. Aber die Folgen des Fortschritts des KI für Demokratie, Menschenrechte und Rechtsstaatlichkeit sind noch unklar.“ Und hier wird klar, in welchem Dilemma sich die EU befindet. Zum einen erkennt man die Chancen. Diese werden aber sehr schnell von den Risiken überschattet. So etwas blockiert und macht es dem leichter, der die ethischen Auswirkungen eines boomenden KI-Marktes nicht ganz im Focus hat. Jedoch benötigt Europa ein wirklich robustes KI-System, um das wirtschaftliche Wachstum im nächsten Jahrzehnt steigern zu können. Darüberhinaus werden die gesellschaftspolitischen Konsequenzen weitaus beunruhigender sein als alle wirtschaftlichen Auswirkungen, da sich die EU für immer den Algorithmen fremder Nationen untergeordnet und von diesen abhängig sein wird.

Die USA und China sind wirklich sehr weit. Aber durch die allgemeine Datenschutzverordnung (DSGVO) und andere Rahmenbedingungen hat sich Europa ein wenig Zeit verschafft und konnte so den unkontrollierten Einfluss dieser Länder ein wenig eindämmen. Das wird aber nicht reichen. Europa benötigt dringend ein eigenes KI-System. Wir sehen Deutschland als Hauptinitator zum Erreichen dieses Ziels. Wir müssen aber unsere Hausaufgaben machen – jetzt!


Das Startup-Unternehmen Augustus Intelligence hat in einem interessanten Artikel von Bill Webster auf acht Möglichkeiten hingewiesen, wie die EU das Rennen um ein funktionierendes KI-System in den Griff bekommen könnte:

1. Europa muss seinen Bürgern grundlegende digitale Fähigkeiten vermitteln. Grundlage für KI ist eine technologisch versierte Bevölkerung.

2. Forschung im Bereich der KI muss interessant und neugierig gemacht werden.

3. Es müssen Anreize für die Schaffung von KI-basierten Unternehmen gemacht werden. Klare und einfache Rahmenbedingungen sind Voraussetzung.

4. Es müssen Anreize für die private Finanzierung von Startups geschafft werden. Forschung kann unter politischem Schutz zum Blühen gebracht werden.

5. Unterentwickelte europäische Märkte und ländliche Regionen können als Basis von Entwicklung und Forschung dienen.

6. Konventionelles in Unkonventionelles umbauen. Neue Marktkategorien sind zu entwickeln.

7. Europa hat das Talent zu standardisieren. Ein absolut notwendiger Schritt für ein robustes KI-System.

8. Europa muss mit seiner einzigartigen gesetzgeberischen Entwicklung diese europäische KI-Marke ausserhalb des Kontinents bilden.

Die nächsten Jahre werden es zeigen, wohin Europa und insbesondere Deutschland steuern wird. Es bleibt spannend. Und bestimmt erinnern Sie sich an diesen Artikel, wenn Sie wieder mal ein PDF per Mail zugeschickt bekommen, dieses ausdrucken, handschriftlich ausfüllen und als Scan per Mail zurücksenden. Vielleicht sollten Sie spätestens da Ihre eigene digitale Fähigkeit überdenken.

Photo by eberhard grossgasteiger from Pexels

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